Noch im Juli stehen in den beteiligten Ausschüssen des Europäischen Parlaments wichtige Entscheidungen an, die richtungsweisend für die im Oktober vorgesehene Abstimmung im federführenden Rechtsausschuss sein werden. Eine Abschwächung der Vorschläge im weiteren Verfahren kann daher nicht ausgeschlossen werden.
Value Gap: Online-Plattformen nutzen rechtliche Schlupflöcher aus, um Urheber nicht zu vergüten
Die Kultur- und Kreativwirtschaft steht heute vor der existenziellen Herausforderung, dass große Teile der Wertschöpfung durch Akteure aus der IT-Industrie vereinnahmt werden, die selbst keinen Beitrag zur Refinanzierung der Güter leisten, von deren Nutzung sie profitieren. Auf EU-Ebene wird diese Thematik unter den Stichworten Value Gap oder Transfer of Value diskutiert.
Obwohl das Geschäftsmodell zahlreicher Online-Plattformen zweifellos auf der Nutzung von kreativen Inhalten aufbaut, versuchen sich die Plattformbetreiber unter Berufung auf rechtliche Schlupflöcher ihrer urheberrechtlichen Verantwortung zu entziehen, indem sie sich als bloße Infrastrukturdienste darstellen.
So wird eine Lizenzierung der Inhalte entweder gänzlich verweigert oder die Plattformbetreiber bezahlen lediglich Vergütungen „auf freiwilliger Basis“. Es liegt jedoch auf der Hand, dass die Rechteinhaber ohne den Hebel einer verbindlichen Vergütungspflicht nicht auf Augenhöhe mit den Plattformbetreibern verhandeln und insbesondere keine zeitnahe Lizenzierung erreichen können. Dies schadet nicht nur allen Kreativschaffenden, sondern verzerrt auch den Wettbewerb mit den zahlreichen lizenzierten Anbietern von digitalen Inhalten.
Kreativschaffende an EU-Institutionen: Das Internet muss fair werden
Eine Zahlungsbereitschaft von Online-Plattformen darf nicht auf freiwilliger Basis erfolgen, sondern muss gesetzlich geregelt sein. Ansonsten bleibt es bei dem unhaltbaren Zustand, dass Plattformbetreiber Gewinne in Milliardenhöhe machen und die Urheber, die Schöpfer der vorwiegend konsumierten Inhalte, leer oder deutlich unter Wert ausgehen.