Obwohl zahlreiche Online-Plattformen eine aktive Rolle bei der Verbreitung und Verwertung von urheberrechtlich geschützten Inhalten spielen, berufen sich die Plattformbetreiber regelmäßig darauf, selbst keine urheberrechtlich relevante Nutzungshandlung vorzunehmen bzw. als angeblich reine Infrastrukturanbieter unter das Haftungsprivileg für Host-Provider zu fallen.
So wird eine Lizenzierung der Inhalte entweder gänzlich verweigert oder die Plattformbetreiber bieten lediglich Vergütungen „auf freiwilliger Basis“ an. Es liegt jedoch auf der Hand, dass die Rechteinhaber ohne den Hebel einer verbindlichen Vergütungspflicht nicht auf Augenhöhe mit den Plattformbetreibern verhandeln und insbesondere keine zeitnahe Lizenzierung erreichen können.
Dies schadet nicht nur allen Kreativschaffenden, sondern verzerrt auch den Wettbewerb mit den zahlreichen lizenzierten Anbietern von digitalen Inhalten (wie z.B. Spotify, Deezer oder Apple Music). Entsprechend gering fällt auch bei diesen Diensten bisher die Vergütung für Urheber aus.
Die Reform des EU-Urheberrechts stellt eine Chance dar, diese als Value Gap oder Transfer of Value bezeichnete Fehlentwicklung zu korrigieren und endlich gleiche Spielregeln („level playing field“) für die Anbieter von kreativen Inhalten im Online-Bereich zu schaffen.
Die Vorschläge der EU-Kommission zum Value Gap
Vor diesem Hintergrund unterbreitet die EU-Kommission in ihrem Richtlinienentwurf über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt konkrete Vorschläge, die auf eine Klarstellung der Verantwortlichkeit von Online-Plattformen abzielen:
- Die Kommission stellt klar, dass Online-Plattformen, die von Nutzern hochgeladene Inhalte speichern und bereitstellen, nicht lediglich technische Dienstleistungen erbringen, sondern eine urheberrechtlich relevante Nutzungshandlung vornehmen (Erwägungsgrund 38 Abs. 1).
- Darüber hinaus knüpft die Kommission an die vom Europäischen Gerichtshof entwickelten Kriterien („L’Oréal gegen eBay“) an und will eine Berufung auf die Haftungsprivilegierung für Host-Provider ausschließen, wenn diese Online-Plattformen eine aktive Rolle einnehmen (Erwägungsgrund 38 Abs. 2).
Klarstellung der Verantwortlichkeit von Online-Plattformen ist dringend erforderlich
Die Klarstellungen der EU-Kommission zielen darauf ab, dass sog. „User Uploaded Content“-Plattformen wie YouTube, Soundcloud oder Dailymotion eine rechtliche Pflicht zum Abschluss von Lizenzvereinbarungen und damit zur Vergütung der Urheber trifft.