Magazine / 09 November 2022

Hey, das klingt irgendwie anders…

Der „Sound“ ist neben der Melodie das bestimmende Element von Musik. Viele Musikschaffende suchen nach dem Besonderen, das ihren Werken einzigartige Klänge verleiht. Wir haben einige kreative Köpfe aus der Musikerszene gebeten, uns ihr ausgefallenstes Instrument vorzustellen.

Purple Schulz und die Harpejji: „Zum Publikumsliebling gemausert.“

„Ich habe die Harpejji erstmals im Sommer 2019 auf der Facebook-Seite von Jacob Collier gesehen.  Ich war fasziniert von diesem Instrument, weil es mit nichts vergleichbar war, was ich kannte und weil sie einfach wunderschön klang. Außerdem hatte ich große Lust, mit 63 nochmal ein neues Instrument zwischen die Finger zu bekommen und meine eigenen Songs damit neu zu entdecken. Ich hatte vorgehabt, sie gleich auf die nächste Tour mitzunehmen und wusste, dass ich innerhalb von einem halben Jahr lernen musste, auf ihr zu spielen.

Meine Harpejji ist gerade mal 5 cm hoch, 80 cm lang und 30 cm breit. Es gibt sie mit 12, 16 oder 24 Saiten. Ich habe mich für die 16-saitige Version entschieden, weil sie in etwa dem Tonumfang einer Gitarre entspricht. Es gibt in Deutschland niemanden, der einem Tipps zur Spieltechnik geben kann. Aber ich fand mich intuitiv sehr schnell auf ihr zurecht, obwohl sie mit ihren 16 Saiten und der völlig anderen Stimmung wirklich eine Herausforderung darstellt, was Fingersatz und Ausdrucksformen angeht.  Sie wird von oben mit den Fingerkuppen getappt, aber auch Mutes, Arpeggios, Bendings, Flageoletts und Strumming sind mit ein wenig Übung auf ihr möglich.

Ein paar Monate später stand sie dann also auf meiner Bühne. Mittlerweile hat sie sich zum Publikumsliebling gemausert. Und ich bin anscheinend immer noch der Einzige in Deutschland, der mit einer Harpejji auf der Bühne steht und dabei auch noch singt. Gebaut wird sie nur auf Anfrage in der Nähe von Baltimore in einem kleinen Familienbetrieb. Die Bauzeit beträgt ca. drei Monate. Tim Meeks hat sie dort vor ca. 15 Jahren entwickelt. Stevie Wonder besitzt auch eine. Und mittlerweile kann ich auch auf ihr spielen, ohne hinzugucken. Es gibt nur einen Nachteil: das Publikum kann sie schlecht sehen und versteht nicht so richtig, was genau ich auf dem Instrument mache. Vielleicht sollte ich mir eine Kamera darüber positionieren, wie sie auch die Sandmaler haben.“

© Marko Heiroth

Klaus Mages und die singende Säge: „Der Energizer für das Publikum.“

„Mein Weg zur singenden Säge war eher dornenreich. Ein Komponist kam bezüglich einer Produktion am Düsseldorfer Schauspielhaus auf mich zu und verlangte von mir, ich müsse die singende Säge spielen. Mit eher Pflichtbewusstsein als großer Motivation nahm ich mir in Berlin bei Katharina Micada eine Nachhilfestunde. Katharina zeigte mir alles Wichtige, auch wo man die besten Sägeblätter bekommt.

Mit diesem Rüstzeug fing ich zu üben an. Nach und nach wurde aus Pflicht eine Art Hassliebe, bis ich mir das Instrument erobert hatte und es nun zu meinem festen Repertoire gehört. In jedem Konzert spiele ich mittlerweile einen Song darauf und liebe dieses schräge Blech. Es kann humoresk aufpeitschen, jämmerlich schluchzen, freitonalisieren in kontemporärer Musik und melancholisieren. Wenn man etwas melodisches und harmonisches Verständnis hat, ist die Säge relativ breit einsetzbar. Marlene Dietrich hat sie auch, als Energizer für sich und für das Publikum, gespielt. Die Säge befindet sich also in bester Gesellschaft.“

© Klaus Mages

Esh Loh und das Una Corda Piano: „Mein Sound.“

„Musik war schon immer ein wichtiger Teil meines Lebens und schon früh habe ich das bewusstseinserweiternde Potenzial in der Musik gesucht. Intuitiv habe ich beim stundenlangen Üben und Spielen immer den ˌFlowzustand' gesucht und häufig gefunden. Mit 18 Jahren hatte ich dann beim Hören eines Albums meine erste außerkörperliche Erfahrung. Es war eine Liveaufnahme des Keith Jarrett Konzertes in Bremen. In völliger Entspannung machte ich diese bewusstseinserweiternde Erfahrung, die mein ganzes Leben beeinflusste. Es dauerte jedoch noch fast 20 Jahre bis es mir möglich wurde, eine solch transzendentale Musik selbst zu erschaffen.

Im Jahr 2014 wurde von David Klavins das erste Una Corda Piano für Nils Frahm produziert. Als ich dieses Instrument das erste Mal hörte, war mir sofort klar, dass dies das perfekte Instrument für meine Musik ist. Wie es die Fügung es wollte, bekam ich 2015 das Angebot genau dieses Instrument zu erwerben. In der Pandemie baute ich um das Una Corda und den Flügel herum ein Rack, um all die anderen Instrumente spielbereit zu haben. Auch begann ich während der Pandemie in höchster Qualität live zu streamen und viel mehr Menschen zu erreichen. So schließt sich der Kreis. Zum einen habe ich mit dem Una Corda ˌmeinen' Sound gefunden und kann diese transzendentale Erfahrung durch die Musik direkt mit den Menschen teilen.“

© Esh Loh

Kai Schröder und die Symphonetta: „Nur wenige beherrschen sie.“

Bereits vor großem Publikum ist Kai Schröder mit seiner Symphonetta aufgetreten. Dabei wurde er in den Pausen oft gefragt, welches Instrument er da eigentlich spiele. Die Symphonetta ist ein Instrument, welches hauptsächlich polyphon gespielt wird. Es ist also möglich, das Instrument mit beiden Händen unabhängig voneinander zu spielen. Von Kai Schröder wird die Symphonetta hauptsächlich für klassische Musik eingesetzt, ursprünglich stammt es aus der Volksmusik. In Europa gibt es nur noch sehr wenige Menschen, die die Symphonetta beherrschen. Einige besitzen das Instrument, können es aber nicht mehr spielen. Somit ist Kai Schröder einer der wenigen, der die Symphonetta zum Leben erwecken kann.

© Kai Schröder

Uwe Lost und die Vox Mando Guitar: „Ein echtes Schätzchen.“

„Die Mando Guitar habe ich 1979 während unserer Teilnahme beim Grand Prix (Take it easy altes Haus) in München, in einem kleinen Musikgeschäft in Schwabing erstanden. Mit ein paar Kollegen war ich in der Stadt unterwegs und entdeckte das Instrument in der hintersten Ecke des Ladens. Die Verkäuferin erklärte mir, dass dieses Instrument ein Ladenhüter sei und sie 250.- DM dafür haben wollte. Sofort verliebte ich mich in die Mando und bat einen Kollegen, mir das Geld zu leihen. Seitdem ist dieses ˌSchätzchen' in meinem Besitz.

Solistisch ist die Guitar bei Truck Stop nie in Erscheinung getreten, aber bei vielen Songs als Soundteppich benutzt worden. In den Sechzigern wurde die Vox Mando Guitar auch von Brian Jones (Rolling Stones) bei einigen Songs eingesetzt.“

© Uwe Lost