Magazine / 21 April 2023

KI-generierte Werke: Ist das alles nur geklaut?

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Branchenübergreifend reden derzeit alle von ChatGPT: Der Chatbot ist in der Lage, komplexe Texte zu verfassen. Auch im Musikbereich geht die Entwicklung von künstlicher Intelligenz (KI) immer schneller voran. Die GEMA hat das Thema schon länger auf der Agenda. Hier gibt es erste Antworten auf die dringlichsten Fragen.

Wer gilt als Urheberin oder Urheber eines durch KI komponierten und/oder getexteten Werks?
Das deutsche Urheberrecht setzt eine persönliche geistige Schöpfung voraus, also ein Minimum an kreativer Leistung eines Menschen. Damit sind rein KI-generierte Erzeugnisse nach aktueller Rechtslage nicht schutzfähig. Das könnte sich perspektivisch ändern, doch sind hierfür eingehende wirtschaftliche und rechtliche Analysen seitens der Politik erforderlich. Die GEMA hat die Entwicklungen im Blick und setzt sich gemeinsam mit ihrem Aufsichtsrat mit den derzeit relevanten Fragen auseinander.

Wie geht die GEMA mit KI-komponierten Werken um?
Rein KI-generierte Erzeugnisse können nicht als Werke bei der GEMA angemeldet werden, da sie aktuell nicht urheberrechtlich schutzfähig sind. Etwas anderes gilt, wenn KI im Schaffensprozess nur als Hilfsmittel eingesetzt wird, vergleichbar mit dem Werkzeug eines Handwerkers. Denn in der Regel produziert die KI – jedenfalls im Musikbereich – bislang kein fertiges Endprodukt. Vielmehr muss ein Mensch die von der KI produzierten Inhalte kuratieren oder bearbeiten und so mindestens eine Auswahlentscheidung treffen. Hierbei kann eine persönliche geistige Schöpfung und damit ein Urheberrecht entstehen. In diesem Fall wird der Anwenderin oder dem Anwender der KI das Urheberrecht an dem mithilfe der KI-Technologie produzierten Inhalt zugeordnet. Entsprechend können bei der GEMA derzeit nur solche Werke angemeldet werden, bei denen sich ein Komponist oder eine Textdichterin lediglich der Hilfe einer KI als Werkzeug bedient hat.

Wenn die KI-Software vorhandenes musikalisches Material auswählt, sortiert, wiederholt, bearbeitet und kopiert – ist das musikalische Ergebnis dann nicht per se ein Plagiat?
Eine KI-Software wird im Rahmen des „Deep Learning“ mit Daten trainiert, die ihr zunächst zugefüttert werden müssen. Als Input für eine KI, die Musik produzieren soll, dienen vorbestehende musikalische Werke. Diese sind jedoch im von der KI erzeugten Produkt meist nicht mehr erkennbar und damit kein Plagiat. Ebenso verhält es sich, wenn Inhalte im Stil einer bestimmten Komponistin oder eines bestimmten Komponisten produziert werden, etwa „Soundalikes“ oder „Deepfakes“: hier liegt nicht per se ein Plagiat vor, da ein bestimmter „Stil“ nicht urheberrechtlich geschützt ist.

Wie groß ist die Gefahr, dass bestehende Songs angezapft werden?
Die Verwendung vorbestehender Werke für das Training einer KI ist ein Problem. In UK und den USA gibt es bereits Klagen von Rechteinhabern gegen die Plattform „Stable Diffusion“. Nach deutschem und europäischem Urheberrecht ist die Verwendung vorbestehender Werke im Rahmen des „Text und Data Mining“ grundsätzlich vergütungsfrei zulässig, soweit die Werke ausschließlich für das Training der KI vervielfältigt und die Kopien im Anschluss gelöscht werden.

Was kann ich gegen die Verwendung meiner Songs durch KI-Technologie tun?
Rechteinhaber können die Nutzung ihrer Werke für das KI-Training durch die Erklärung eines Nutzungsvorbehalts verhindern. Die GEMA kann diesen Nutzungsvorbehalt für ihre Mitglieder erklären und arbeitet mit anderen Rechteinhabern zusammen, um Nutzungsvorbehalte für ein möglichst umfassendes Repertoire zu bündeln. Hiermit soll der Einsatz von KI nicht generell unterbunden, sondern nur das vergütungsfreie Text und Data Mining erschwert werden. Hieraus könnte die Basis für die Erschließung neuer Lizenzierungsmöglichkeiten in diesem Bereich entstehen.

Welche Chancen ergeben sich für mich aus der Verwendung von KI-Technologie?
KI-Technologien können für Komponistinnen und Textdichter in vielerlei Hinsicht interessant sein – sei es durch den vielfältigen Einsatz als Werkzeug im eigenen Kreativprozess, sei es als Inspirationsquelle für mögliche neue Kombinationen vorhandenen Materials. Letztlich liegt es stets im persönlichen Ermessen, inwieweit KI bei der Kreation von musikalischen Werken genutzt werden soll.