Happy Birthday! Ein Jahr ICE
Diesen Artikel teilen:
Text: Nadine Remus
Zugegeben: Es ist nicht leicht, ICE in einem Satz zu erklären. Ein Joint Venture der deutschen, englischen und schwedischen Verwertungsgesellschaften GEMA, PRS for Music und STIM. Sie wollen die grenzüberschreitende Lizenzierung im digitalen Musikmarkt optimieren. Dafür haben sie ihre Repertoires, ihre Erfahrung und ihre Kompetenzen gebündelt und ICE auf den Weg gebracht. Die Europäische Kommission begrüßte das Vorhaben, denn ihr ist ein funktionierender Musikrechtemarkt im Online-Bereich ein wichtiges Anliegen. ICE ist daher auch auf politischer Ebene ein Vorzeigeprojekt.
Eine Kernlizenz für paneuropäischen Musikgenuss
Anfang 2016 fiel der Startschuss für die Lizenzierung. ICE Services operiert von London aus und ist die Schnittstelle zum Musikmarkt: Über die „Core License“ erwerben digitale Musikdienste das Recht zur Nutzung der Repertoires von GEMA, PRS for Music, STIM und weiterer Verwertungsgesellschaften.
Rasanter Erfolg
Das Kürzel ICE versteht man gern im Sinne des bekannten Schnellzugs. Gemein ist beiden, dass sie rasch Fahrt aufnehmen. Im März 2016 kam mit Google Play der erste Lizenzkunde an Bord, weitere namhafte digitale Musikdienste wie Apple Music oder iTunes schlossen sich an. Auch die ICE-Datenbank wächst. Bereits seit 2010 betreiben PRS for Music und STIM die gemeinsame Datenbank zur Verwaltung der Werkedokumentation. Heute heißt dieser Geschäftsbereich ICE Operations und sitzt in Berlin. Sieben europäische Verwertungsgesellschaften lassen inzwischen ihre Werke von ICE verwalten. Die GEMA folgt 2018.
Licht aus. Spot an.
Der Übergang der Dokumentation der GEMA zu ICE ist ein Schlüsselprojekt 2017. Daher lassen wir mit Dr. Jacob de Ruiter, Leiter des ICE-Dokumentationsprojekts der GEMA, und Markus Nees, Geschäftsführer von ICE Operations, auf den nächsten Seiten zwei Personen zu Wort kommen, die ICE besonders gut kennen.
Der Übergang der Dokumentation zu ICE
ICE wird in Zukunft Werke, audiovisuelle Produktionen und Verlagsvereinbarungen für die GEMA dokumentieren. Ansprechpartner ändern sich für die Mitglieder der GEMA nicht. Auch die gewohnten Online-Services zur Werkeanmeldung stehen weiterhin zur Verfügung
Text: Dr. Jacob de Ruiter
DIDAS ist die Datenbank der GEMA, in der bislang alle Werke detailliert dokumentiert werden. Dieser Inhalt wird nun in das gemeinsame System von ICE überführt. Der Vorteil für die GEMA und ihre Mitglieder: Alle Informationen
zu Musikwerken der beteiligten Verwertungsgesellschaften sind einheitlich verfügbar. Schneller und genauer verarbeitete Nutzungsmeldungen lassen Musikurheber und Verleger von der zügigeren Ausschüttung ihrer Tantiemen profitieren.
Testen und Annähern
Herausfordernd ist die Datenmigration. IT-Experten sorgen für den reibungslosen Transfer der Daten. Daher müssen unsere Mitglieder ihre bereits bei der GEMA registrierten Werke und audiovisuellen Produktionen nicht noch einmal anmelden. In der ICE-Datenbank sind bereits Millionen von Werken anderer Verwertungsgesellschaften erfasst. Werke, die bei der GEMA registriert sind, können also schon bei ICE dokumentiert sein. Daher müssen wir regeln, welcher Datensatz Vorrang hat: von GEMA oder ICE. Hierfür gelten Autoritätsregeln, zum Beispiel, dass die bei der GEMA vorhandenen Daten von GEMA-Originalwerken führend sind.
Ordnung im Durcheinander
Bisher werden subverlegte Werke mehrfach registriert: Originalverlag und Subverlag melden das Werk und die Vereinbarung jeweils bei der Verwertungsgesellschaft, der sie angehören. Jede Gesellschaft vermerkt unterschiedlich viele Informationen zu Werken. Das kann zu unterschiedlichen Ergebnissen in der Abrechnung digitaler Musikdienste führen. Die Folge: Widersprüche, deren Bearbeitung viel Zeit kostet und die Ausschüttung von Tantiemen verzögert. Im gemeinsamen Dokumentationssystem bei ICE genügt es künftig, wenn ein Subverlagsvertrag von einem der beteiligten Verlage angemeldet wird.
Ein Werk. Eine Registrierung. Globale Nutzung.
Wird ein neues GEMA-Originalwerk bei ICE registriert, stehen die Informationen allen bei ICE beteiligten Verwertungsgesellschaften direkt zur Verfügung. Läuft ein deutsches Musikstück beispielsweise im schwedischen Fernsehen, kann die STIM direkt auf die ICE-Registrierung mit den GEMA-Daten für die Verteilung dieses Werkes zugreifen. Sie möchten mehr über das ICE-Dokumentationsprojekt erfahren? Wir informieren Sie über alles Wissenswerte hier.
Die drei wichtigsten Neuerungen für Mitglieder der GEMA:
- Original- und Subverlagsverträge müssen angemeldet werden, bevor die jeweiligen (sub-)verlegten Werke angemeldet werden können
- Bei Split-Copyright-Werken kann der anmeldende Verlag nur die eigenen Ansprüche sowie die Ansprüche aller Urheber des Werkes verbindlich anmelden, nicht aber die Ansprüche eines anderen beteiligten Verlages.
- Die GEMA-Identifikatoren für Werke werden auf ICE-Identifikatoren umgestellt.
"Wir arbeiten auf allen Ebenen eng mit der GEMA zusammen"
Markus Nees übernahm im Januar 2016 die Geschäftsführung von ICE Operations. Am Berliner Standort von ICE verwaltet sein Team die Musikrechte europäischer Verwertungsgesellschaften. Im Interview mit virtuos zieht er eine erste Bilanz.
HERR NEES, IHR ERSTES JAHR BEI ICE: WIE FÄLLT IHR PERSÖNLICHES FAZIT AUS?
"Überaus positiv. ICE Operations kann mit dem ICE Copyright System die Musikrechte vieler Verwertungsgesellschaften gemeinsam verwalten und umfangreiche Nutzungsmeldungen verarbeiten. Damit bieten wir im globalen Musikmarkt natürlich ein attraktives Produkt an – gerade, weil territoriale Grenzen bei der digitalen Musiknutzung kaum eine Rolle spielen.
2016 ist ICE mit dem Start der paneuropäischen Lizenzierung digitaler Musikdienste einen wichtigen Schritt im Online-Geschäft gegangen. Und wir haben unseren Standort von Stockholm nach Berlin verlegt. Das ist sehr reibungslos verlaufen.
Ich freue mich, dass wir in der Hauptstadt nun von einem großen Markt an Talenten aus der Musik- und IT-Branche profitieren."
DIE LIZENZIERUNG DIGITALER MUSIK DIENSTE ERFOLGT DURCH ICE SERVICES IN LONDON. WELCHE AUFGABEN LIEGEN BEI ICE OPERATIONS?
"Zunächst die ganzheitliche Verwaltung von Musikrechten. Das betrifft die Werkedatenbank, in der bereits das Repertoire von sieben Verwertungsgesellschaften dokumentiert ist. Bald ist ja auch die GEMA mit ihrer Werkedokumentation an Bord. Und die Verarbeitung der digitalen Nutzungsmeldungen läuft ebenfalls über unsere Systeme – diese haben wir vor allem mit der GEMA-Tochter IT4IPM entwickelt."
GIBT ES SCHNITTSTELLEN ZUR GEMA?
"Wir arbeiten auf allen Ebenen eng mit der GEMA zusammen. Etwa bei der Lizenzierung oder in Projekten wie der Überführung der Werkedokumentation der GEMA zu ICE. Da haben wir täglich Kontakt. Wenn es um die Weiterentwicklung von ICE als Ganzes geht, sitzen wir regelmäßig mit der GEMA, PRS for Music und STIM an einem Tisch."
BEI ICE KOMMT DAS KNOW HOW VON DREI VERWERTUNGSGESELLSCHAFTEN AUS DREI LÄNDERN ZUSAMMEN. WIE SIEHT IHR TEAM AUS?
"Sehr global. 175 Mitarbeiter, die aus 33 Ländern von allen Kontinenten stammen. Die Zusammenarbeit mit Menschen aus so unterschiedlichen Kulturen macht viel Spaß. Und es passt auch gut zur immer internationaler werdenden Stadt Berlin."
MITGLIEDER FRAGEN HIN UND WIEDER, OB SICH DER BREXIT AUF ICE AUSWIRKT IHRE EINSCHÄTZUNG?
"Es ist natürlich schwierig, eine abschließende Antwort darauf zu geben, solange sich die Politik selbst noch sortieren muss. Grundsätzlich kann ich sagen, dass ICE Operations in Deutschland verwurzelt ist, rechtlich wie operativ. Das wird langfristig so bleiben. Damit sehe ich aktuell keine Auswirkung auf unser Geschäft."
WAS STEHT 2017 AUF DER AGENDA VON ICE OPERATIONS?
"Wir wollen den Standort Berlin und unser Geschäft stärken. Das heißt, die Musikrechteverwaltung ausbauen und unsere Online-Expertise vertiefen. Auch der Transfer der Werkedokumentation der GEMA zu ICE steht im Fokus. Gemeinsam mit PRS for Music, STIM und der GEMA entwickeln wir derzeit ein einheitliches Rechtemanagement für audiovisuelle Werke –
ein spannendes Projekt."
Weitere Informationen: www.gema.de/ice