06. April 2009

Die Musikwoche berichtet: Autoren klagen gegen Google / YouTube

Hamburg, 07.04.09 / 10:13 musikwoche.de Exklusiv: Autoren verklagen Google und YouTube.
Der Konflikt zwischen Urhebern und dem Internetkonzern Google mit seiner Videoplattform YouTube erreicht eine neue Dimension. Beim Landgericht Hamburg liegt eine Klage auf Unterlassung vor - wegen illegaler Nutzung und Verwertung von Musikvideos und anderen audiovisuellen Musikinhalten und damit verbunden fortgesetzter gewerblicher Urheberrechtsverletzung.

Unter dem Aktenzeichen 308 O 27/09 befasst sich die Zivilkammer 8 des Landgerichts Hamburg in einem Musterverfahren mit einer Unterlassungsklage gegen Google Germany und weitere Beklagte aus dem Google-Konzern; die Zustellung der Klage auch an die Konzernmutter in den USA, Google Inc. inklusive YouTube Inc. und YouTube LLC, ist veranlasst. Initiator ist der Hamburger Musiker und Produzent Frank Peterson, unter anderem für das Projekt Gregorian verantwortlich und Produzent von Sarah Brightman. Peterson gibt an, dass über YouTube insgesamt über 125 Millionen Streams mit Werken gezeigt wurden, an denen er Urheberrechte hat und/oder Leistungsschutzrechte hält, und dass er dafür von Google/YouTube bisher noch keinen müden Cent erhalten habe.
Um Frank Peterson scharen sich zahlreiche namhafte Autoren, Produzenten und Musikverlage, die dem "rechtswidrigen Treiben" von YouTube ein Ende setzen wollen und darauf drängen, dass YouTube "die gesetzlichen Vorgaben einhält und zur Legalität zurückfindet". Alles, was YouTube zurzeit mache, sei illegal, heißt es. Für Peterson handelt es sich um nichts anderes als "Video-Filesharing".
Petersons Anwalt Jens Schippmann formuliert es so: "Was YouTube treibt, ist genauso verboten wie Napster, Grokster oder wie die P2P-Netzwerke alle heißen. Der einzige Unterschied besteht darin, dass Google als Weltkonzern meint, sich hinter dem US-amerikanischen Rechtssystem verstecken und alle Rechte weltweit verhandeln zu können." Schippmann zielt damit ab auf den Unterschied zwischen dem angloamerikanischen Copyright, das übertragbar ist, und dem europäischen Konzept vom Urheberrecht, das untrennbar mit dem Urheber verbunden bleibt und eine angemessene Vergütung kreativer Leistungen vorsieht.
Vor diesem Hintergrund konnten Majors wie Universal oder Warner Music Group zwar Deals mit YouTube schließen, fraglich bleibt jedoch, ob und wie die Urheber von den Zahlungen des Internetkonzerns an die Majorzentralen profitieren. Fragwürdig wird es zudem, wenn europäische Urheber betroffen sind und im Zweifelsfall mit wenigen Cent abgespeist werden.
Für Anwalt Schippmann, der bereits bei der Verwertung von Klingeltönen für die Urheber focht, ist das Bestreben der GEMA im aktuellen Konflikt zwar "lobenswert, aber in der Höhe zu gering". Zwar könne man nicht auf die Filmtarife VR-OD 2 und VR-OD 3 abstellen, aber der Tarif VR-OD 4 (für die Onlinenutzung von Werken für Film-/Video-on-Demand zum privaten Gebrauch) erscheine allemal als angemessen, unabhängig von Synchronisationsfragen und Vertonungsrechten von Filmen.
Im GEMA-Tarif VR-OD 4 heißt es im holprigen GEMA-Deutsch: "Wird ein Filmvideo-on-Demand-Angebot in Teilen oder gänzlich durch Sponsoring, Tausch-, Kompensations- oder Geschenkgeschäfte oder Verkäufe von anderen als zum Film-on-Demand gehörenden Leistungen oder Produkten finanziert, so beträgt die Mindestvergütung je entgeltlich oder unentgeltlich genutztes Filmvideo mit Werken des GEMA-Repertoires € 0,048 bis zu einer Spieldauerlänge der Werke des GEMA-Repertoires von fünf Minuten, je weitere Spieldauerminute der Werke des GEMA-Repertoires beträgt € 0,0096." Kurz: Es ist von mindestens 4,8 Cent die Rede, während die GEMA in ihren Verhandlungen anscheinend ein Cent forderte. "Dem müssen sich auch Google/YouTube stellen", so Jens Schippmann, "wenn sie den deutschen und europäischen Markt sauber gewinnen wollen. Und wenn sie das nicht tun, werden sie auf breiten Widerstand treffen."
Immerhin hat Google-CEO Eric Schmitt solchen Widerstand offensichtlich vorausgesehen. Schon am 7. November 2008 wies er im Bericht von Google Inc. für das dritte Quartal 2008 auf Seite 42 darauf hin, dass man mit kostspieligen Klagen in den USA wie auch in anderen Staaten rechnen müsse. Nach dem Kauf von YouTube hatte Google bereits im November 2006 eine Rücklage in Höhe von 200 Millionen Dollar für etwaige Schadenersatzansprüche gebildet.
Sieht so aus, als könnte man diese Rücklage bald brauchen.

Quelle: musikwoche.de