Interview mit Christian Lindner, Bundesvorsitzender der FDP.
Teenagerjahre sind für den Musikgeschmack oft Zeiten der Entdeckung und nicht selten prägend. Ihre fallen in die Mitte der 90er mit großen Namen in Rock und Pop, auch deutschen. Erinnern Sie sich noch an Ihren ersten selbst gekauften Tonträger, Ihr erstes Konzert?
Die erste CD wird Depeche Mode gewesen sein, das erste Konzert Manowar in Düsseldorf. Man sieht, musikalisch war ich als Teenager flexibel. Herr Lindner, über Ihren politischen Mitstreiter, den FDP-Bundesgeschäftsführer Marco Buschmann war unlängst zu lesen, dass in seinem Büro in der Parteizentrale ein Synthesizer stehe, an dem er abends nach Büroschluss laute Elektrosounds à la Kraftwerk komponiere. Kommt Musik auch in Ihrem Alltag vor und wenn ja, wann und wie?
Ja, aber nur als Hörer. Mit Marco teile ich aber durchaus die Liebe zu analoger elektronischer Musik. Hand aufs Herz: Haben Sie sich auch mal über gesperrte Videos auf YouTube geärgert? Wie bewerten Sie die Einigung von GEMA und YouTube?
Natürlich waren gesperrte Videos ein Ärgernis. Deshalb halte ich die Einigung zwischen der Gema und Youtube auch für einen wichtigen Schritt. Sie führt nicht nur zu einer höheren Vielfalt und stärkt die Refinanzierungsmöglichkeiten für die Urheber und Anbieter von Medien. Vielmehr dokumentiert die Einigung auch das fortschreitende Bewusstsein, dass Plattformen, die mit fremden Inhalten Geld verdienen, sich auch an der Finanzierung dieser Inhalte beteiligen müssen. Freie Marktwirtschaft und fairer Wettbewerb gehören zum Markenkern liberaler Politik genauso wie der Schutz von (geistigem) Eigentum. Für Komponisten und Textdichter ist eine faire Vergütung für die Verwertung ihrer Werke noch immer keine Selbstverständlichkeit. Die Gatekeeper der digitalen Wirtschaft, Host Provider, erzielen mit der Verwertung von urheberrechtlich geschützten Werken beträchtliche Gewinne. Dennoch entziehen sie sich ihrer Verantwortung, Urheber für die Nutzung der Werke angemessen zu vergüten. Wie kann es Ihrer Meinung nach gelingen, diese ungerechte Verteilung der Wertschöpfung zu beenden und die Grundsätze fairen Wettbewerbs auch im Netz durchzusetzen?
Marktwirtschaft und der Schutz des Eigentums sind keine Gegensätze. Im Gegenteil: Ohne die Durchsetzung von Eigentumsrechten kann es keine erfolgreiche und faire Marktwirtschaft geben. Für mich gilt daher der Grundsatz, dass derjenige, der Inhalte Dritter zum eigenen wirtschaftlichen Vorteil nutzt, dafür auch etwas bezahlt. Für die Zukunft bin ich optimistisch, dass sich dieser Grundsatz immer weiter durchsetzen wird. Das zeigen etwa die Einigung der Gema mit YouTube, die Zunahme von kostenpflichtigen Online-Medienangeboten, die Verbreitung einfacher und komfortabler Bezahlmodelle für Medien wie etwa Spotify oder Netflix und die zunehmende Bereitschaft der Menschen, für digitale Inhalte zu zahlen. Sie sprechen angesichts der Digitalisierung davon, dass die Freien Demokraten die Fortschrittsbeschleuniger deutscher Politik seien. Was heißt das für Sie konkret? Welche Herausforderungen und ethischen Fragen halten Sie hierbei in naher Zukunft für wichtig?
In Deutschland laufen bei der Gestaltung der Digitalisierung viele Dinge falsch – oder zu langsam. Beispiel Bildung: Moderne Technik wie Whiteboards, IT-gestütztes Lernen oder W-Lan-Zugänge bekommen viele Schülerinnen und Schüler häufig nur bei Klassenfahrten ins Ausland zu Gesicht. In unserer Verwaltung sind Papier und Stempelkissen nach wie vor deutlich stärker verbreitet als digitale Serviceangebote oder Apps für mobile öffentliche Dienstleistungen. Und auch beim Ausbau der digitalen Infrastrukturen laufen wir der internationalen Entwicklung hoffnungslos hinterher. So hat die Verbreitung von gigabitfähigen Glasfaseranschlüssen gerade einmal die Ein-Prozent-Marke durchbrochen. Hier benötigen wir in der Tat eine Fortschrittsbeschleunigung. Die Freien Demokraten wollen daher eine von Bund, Ländern und Kommunen gemeinsam finanzierte Kraftanstrengung für die Modernisierung unserer Schulen. Wir wollen die Grundlagen für die papierlose und bürgerfreundliche Verwaltung schaffen. Und wir wollen “Glasfaser first”: Mehr Investitionen in die Glasfaser-Infrastruktur, keine Verschwendung von Fördermitteln für veraltete Kupfernetze. Welches Politikfeld steht Ihnen persönlich näher, die Netz- oder die Medienpolitik?
Im Zeitalter von Konvergenz und Digitalisierung lassen sich diese Bereiche nicht mehr trennen. Deshalb setzen sich die Freien Demokraten übrigens auch für eine Vereinheitlichung der Aufsichtsstrukturen ein. Sie sprechen vom Jahr 2017 als dem wichtigsten in der Geschichte der FDP: Mit welchen Themen wollen Sie Ihre Partei zurück in den Bundestag führen?
Wir wollen den Einzelnen groß machen – nicht den Staat und die Bürokratie. Wir reden in Deutschland in der politische Debatte nahezu nur noch über Flüchtlinge und Super-Super-Reiche. Wir rücken die Sorgen und Probleme der dutzenden Millionen Menschen dazwischen ins Zentrum: Faire Steuern, bessere Infrastruktur, beste Bildung, Ausbau digitaler Netze! Und wir stärken den Rechtsstaat – nicht durch neue Gesetze, sondern mehr Polizisten. Der Dreiklang aus Marktwirtschaft, starkem Rechtsstaat und offener Gesellschaft ist unverkennbar FDP. Woran wird man in der kommenden Legislaturperiode bemerken, dass die FDP in den vergangenen vier Jahren im Parlament gefehlt hat?
Das merkt man nicht erst in der nächsten Legislaturperiode, sondern bereits jetzt. Wenn die schwarz-rote Bundesregierung über mehr Steuern, mehr Abgaben, mehr Bürokratie spricht – dann kritisiert die Bundestagsopposition aus Linkspartei und Grünen nur, dass das immer noch nicht genug Steuern, Abgaben und Bürokratie sind. Es fehlt eine Stimme, die zu Maß und Mitte anregt, die auf marktwirtschaftliche Lösungen und den Einzelnen setzt. Als Spitzenkandidat der FDP sind Sie bereits jetzt einem hohen Erwartungsdruck ausgesetzt, der Wahlkampf der kommenden Monate wird Ihnen viel Disziplin und Kraft abverlangen. Welchen Ratschlag, welche Regel oder welche Routine befolgen Sie, um auch unter solchen Umständen fit zu bleiben?
Ich treibe Sport und verbringe gerne die wenige freie Zeit, die ich habe, mit Freunden. Natürlich ist das politische Leben außerhalb des Deutschen Bundestags rau. Aber ich mache das ja mit voller Leidenschaft und mit viel Freude. Ich liebe meine Freiheit und schaue nicht zu, wie diese wunderbare Idee untergeht. Das ist Motivation und Ausgleich genug.
Die erste CD wird Depeche Mode gewesen sein, das erste Konzert Manowar in Düsseldorf. Man sieht, musikalisch war ich als Teenager flexibel. Herr Lindner, über Ihren politischen Mitstreiter, den FDP-Bundesgeschäftsführer Marco Buschmann war unlängst zu lesen, dass in seinem Büro in der Parteizentrale ein Synthesizer stehe, an dem er abends nach Büroschluss laute Elektrosounds à la Kraftwerk komponiere. Kommt Musik auch in Ihrem Alltag vor und wenn ja, wann und wie?
Ja, aber nur als Hörer. Mit Marco teile ich aber durchaus die Liebe zu analoger elektronischer Musik. Hand aufs Herz: Haben Sie sich auch mal über gesperrte Videos auf YouTube geärgert? Wie bewerten Sie die Einigung von GEMA und YouTube?
Natürlich waren gesperrte Videos ein Ärgernis. Deshalb halte ich die Einigung zwischen der Gema und Youtube auch für einen wichtigen Schritt. Sie führt nicht nur zu einer höheren Vielfalt und stärkt die Refinanzierungsmöglichkeiten für die Urheber und Anbieter von Medien. Vielmehr dokumentiert die Einigung auch das fortschreitende Bewusstsein, dass Plattformen, die mit fremden Inhalten Geld verdienen, sich auch an der Finanzierung dieser Inhalte beteiligen müssen. Freie Marktwirtschaft und fairer Wettbewerb gehören zum Markenkern liberaler Politik genauso wie der Schutz von (geistigem) Eigentum. Für Komponisten und Textdichter ist eine faire Vergütung für die Verwertung ihrer Werke noch immer keine Selbstverständlichkeit. Die Gatekeeper der digitalen Wirtschaft, Host Provider, erzielen mit der Verwertung von urheberrechtlich geschützten Werken beträchtliche Gewinne. Dennoch entziehen sie sich ihrer Verantwortung, Urheber für die Nutzung der Werke angemessen zu vergüten. Wie kann es Ihrer Meinung nach gelingen, diese ungerechte Verteilung der Wertschöpfung zu beenden und die Grundsätze fairen Wettbewerbs auch im Netz durchzusetzen?
Marktwirtschaft und der Schutz des Eigentums sind keine Gegensätze. Im Gegenteil: Ohne die Durchsetzung von Eigentumsrechten kann es keine erfolgreiche und faire Marktwirtschaft geben. Für mich gilt daher der Grundsatz, dass derjenige, der Inhalte Dritter zum eigenen wirtschaftlichen Vorteil nutzt, dafür auch etwas bezahlt. Für die Zukunft bin ich optimistisch, dass sich dieser Grundsatz immer weiter durchsetzen wird. Das zeigen etwa die Einigung der Gema mit YouTube, die Zunahme von kostenpflichtigen Online-Medienangeboten, die Verbreitung einfacher und komfortabler Bezahlmodelle für Medien wie etwa Spotify oder Netflix und die zunehmende Bereitschaft der Menschen, für digitale Inhalte zu zahlen. Sie sprechen angesichts der Digitalisierung davon, dass die Freien Demokraten die Fortschrittsbeschleuniger deutscher Politik seien. Was heißt das für Sie konkret? Welche Herausforderungen und ethischen Fragen halten Sie hierbei in naher Zukunft für wichtig?
In Deutschland laufen bei der Gestaltung der Digitalisierung viele Dinge falsch – oder zu langsam. Beispiel Bildung: Moderne Technik wie Whiteboards, IT-gestütztes Lernen oder W-Lan-Zugänge bekommen viele Schülerinnen und Schüler häufig nur bei Klassenfahrten ins Ausland zu Gesicht. In unserer Verwaltung sind Papier und Stempelkissen nach wie vor deutlich stärker verbreitet als digitale Serviceangebote oder Apps für mobile öffentliche Dienstleistungen. Und auch beim Ausbau der digitalen Infrastrukturen laufen wir der internationalen Entwicklung hoffnungslos hinterher. So hat die Verbreitung von gigabitfähigen Glasfaseranschlüssen gerade einmal die Ein-Prozent-Marke durchbrochen. Hier benötigen wir in der Tat eine Fortschrittsbeschleunigung. Die Freien Demokraten wollen daher eine von Bund, Ländern und Kommunen gemeinsam finanzierte Kraftanstrengung für die Modernisierung unserer Schulen. Wir wollen die Grundlagen für die papierlose und bürgerfreundliche Verwaltung schaffen. Und wir wollen “Glasfaser first”: Mehr Investitionen in die Glasfaser-Infrastruktur, keine Verschwendung von Fördermitteln für veraltete Kupfernetze. Welches Politikfeld steht Ihnen persönlich näher, die Netz- oder die Medienpolitik?
Im Zeitalter von Konvergenz und Digitalisierung lassen sich diese Bereiche nicht mehr trennen. Deshalb setzen sich die Freien Demokraten übrigens auch für eine Vereinheitlichung der Aufsichtsstrukturen ein. Sie sprechen vom Jahr 2017 als dem wichtigsten in der Geschichte der FDP: Mit welchen Themen wollen Sie Ihre Partei zurück in den Bundestag führen?
Wir wollen den Einzelnen groß machen – nicht den Staat und die Bürokratie. Wir reden in Deutschland in der politische Debatte nahezu nur noch über Flüchtlinge und Super-Super-Reiche. Wir rücken die Sorgen und Probleme der dutzenden Millionen Menschen dazwischen ins Zentrum: Faire Steuern, bessere Infrastruktur, beste Bildung, Ausbau digitaler Netze! Und wir stärken den Rechtsstaat – nicht durch neue Gesetze, sondern mehr Polizisten. Der Dreiklang aus Marktwirtschaft, starkem Rechtsstaat und offener Gesellschaft ist unverkennbar FDP. Woran wird man in der kommenden Legislaturperiode bemerken, dass die FDP in den vergangenen vier Jahren im Parlament gefehlt hat?
Das merkt man nicht erst in der nächsten Legislaturperiode, sondern bereits jetzt. Wenn die schwarz-rote Bundesregierung über mehr Steuern, mehr Abgaben, mehr Bürokratie spricht – dann kritisiert die Bundestagsopposition aus Linkspartei und Grünen nur, dass das immer noch nicht genug Steuern, Abgaben und Bürokratie sind. Es fehlt eine Stimme, die zu Maß und Mitte anregt, die auf marktwirtschaftliche Lösungen und den Einzelnen setzt. Als Spitzenkandidat der FDP sind Sie bereits jetzt einem hohen Erwartungsdruck ausgesetzt, der Wahlkampf der kommenden Monate wird Ihnen viel Disziplin und Kraft abverlangen. Welchen Ratschlag, welche Regel oder welche Routine befolgen Sie, um auch unter solchen Umständen fit zu bleiben?
Ich treibe Sport und verbringe gerne die wenige freie Zeit, die ich habe, mit Freunden. Natürlich ist das politische Leben außerhalb des Deutschen Bundestags rau. Aber ich mache das ja mit voller Leidenschaft und mit viel Freude. Ich liebe meine Freiheit und schaue nicht zu, wie diese wunderbare Idee untergeht. Das ist Motivation und Ausgleich genug.