GEMA Aufsichtsrat: Bericht über die Sitzung am 10./11. Oktober 2018
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In der Mitgliederversammlung der GEMA im Mai dieses Jahres in Berlin ist der Aufsichtsrat neu gewählt worden. Wie bisher wird der Aufsichtsrat auch künftig regelmäßig auf der Website und in den Publikationen der GEMA über seine Arbeit informieren, so im Folgenden über seine diesjährige Herbstsitzung am 10./11. Oktober im Berliner Haus der GEMA. Vorbereitet worden waren einige der anstehenden Themen im Vorfeld in verschiedenen Gremien wie dem Tarif- und dem Kulturausschuss sowie der Verteilungsplankommission, die der Aufsichtsrat in einer Sitzung Ende Juni aus seiner Mitte neu besetzt hatte. Im Juni hatte der Aufsichtsrat außerdem bereits über Modalitäten und die Termine für die Ausschüttungen bzw. Rückforderungen im Rahmen der Verlegerbeteiligung zu beschließen. Des Weiteren wurden dort die konkreten Ausschüttungstermine der Nachzahlungen, die die GEMA von der ZPÜ für Mobiltelefone und Tablets für die Jahre 2011 bis 2016 sowie von der Internetplattform YouTube für die Jahre 2009 bis 2016 erhalten hat, auf den 1. November bzw. den 1. Dezember 2018 festgelegt.
Auch zu Beginn der neuen Amtsperiode stellen somit die Auswirkungen des Urteils des Kammergerichts vom November 2016, dass die GEMA nicht berechtigt sei, ihre Musikverleger an den Ausschüttungen auf Nutzungsrechte und gesetzliche Vergütungsansprüche nach dem Verteilungsplan der GEMA zu beteiligen, für den Aufsichtsrat ein Schwerpunktthema dar. Seitdem haben alle Beteiligten – die GEMA ebenso wie ihre Verleger- und Urheber-Mitglieder – viel Zeit und hohen Aufwand in die Aufarbeitung der Rechtsfolgen dieses Urteils investiert, und der Aufsichtsrat hat sich ebenfalls immer wieder umfassend mit der Verlegerbeteiligung befasst. Mit Hilfe eines Elektronischen Bestätigungsverfahrens (EBV), das die GEMA angeboten hat, konnten die Verlage ihre Berechtigung zum Empfang von Ausschüttungen zwischen dem 1. Juli 2012 und dem 24. Dezember 2016 nachweisen. Nachdem die auf den Ergebnissen des EBV basierenden Neuberechnungen sämtlicher Ausschüttungen in diesem Zeitraum Anfang Oktober feststanden – die Laufzeit für die Neuberechnung der weit über 100 vergangenen Abrechnungen betrug mehrere Monate –, lag dem Aufsichtsrat das wirtschaftliche Ergebnis vor: Die Abrechnungen im genannten Zeitraum werden um insgesamt knapp 27 Millionen Euro korrigiert, d.h. dieser Betrag wird zum 1. November den Verlagen, die im EBV keine Zustimmung für die Verlegerbeteiligung vorlegen konnten, belastet und den jeweiligen Urhebern gutgeschrieben. In der Gesamtschau fallen die wirtschaftlichen Konsequenzen der Rückabwicklung damit deutlich geringer aus als vielfach erwartet. Der Rückabwicklungsbetrag entspricht einer Quote von 2,93 % der im relevanten Zeitraum an die Verlage ausgeschütteten Beträge, gut 97 % der Ausschüttungen an Verlage bleiben also unverändert. Diese Quote unterscheidet sich leicht zwischen Nutzungsrechten und gesetzlichen Vergütungsansprüchen. Zum Termin der so genannten Rückabwicklung am 1. November werden den Mitgliedern umfangreiche Begleitunterlagen zur Verfügung gestellt. Aufgrund der Vielzahl der neu zu berechnenden Ausschüttungen ist dies für die Mitglieder mit erheblichen Datenmengen verbunden. Zur einfacheren Handhabung stehen alle Dokumente und Dateien – auch die Kontoauszüge, die dazu von der GEMA verschickt werden – auf der GEMA-Webseite bzw. in den Online-Services GEMA-Download und Mein Mitgliedskonto zum Download bereit. Dennoch sind Anfragen von Mitgliedern zum Themenkomplex Rückabwicklung sowie Ausschüttungen der von der ZPÜ und von YouTube erhaltenen Nachzahlungen zu erwarten, daher richtet die GEMA ein zentrales Service- und Reklamationscenter ein.
Ebenfalls immer wieder beschäftigt den Aufsichtsrat die seit langem diskutierte EU-Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt. Für die Urheber ist eine solche Richtlinie von herausragender Bedeutung als rechtliche Grundlage für eine Vergütung der kreativen Leistungen im Internet. Am 12. September hat das EU-Parlament seine Position dazu verabschiedet, erfreulicherweise deutlich mehrheitlich mit einem aus Urhebersicht positivem Votum. Danach soll klargestellt werden, dass so genannte Host-Provider eine öffentliche Wiedergabe im urheberrechtlichen Sinne vornehmen, sich, wenn sie eine aktive Rolle spielen, nicht auf Haftungsprivilegierungen berufen können und deshalb Lizenzvereinbarungen mit Rechteinhabern abschließen müssen. Der Abstimmung vorangegangen waren kontroverse Diskussionen und eine beispiellose Desinformationskampagne der Online-Plattformen und ihrer Verbände. Trotz des mächtigen Gegners haben die Europaabgeordneten gezeigt, dass ihr Wertekompass intakt ist: Die kulturelle Vielfalt Europas gilt es zu schützen, nicht die Geschäftsmodelle von Online-Konzernen. Das Ergebnis der Abstimmung war jedoch kein Selbstläufer: Über den Sommer hat die GEMA gemeinsam mit nationalen und europäischen Partnerverbänden der Kreativwirtschaft, die dabei geschlossen an einem Strang gezogen haben, sachlich und transparent Informationen zur Richtlinie verbreitet und die Politiker in zahllosen Gesprächen von der Dringlichkeit der Regelungen zu überzeugen versucht. Auch Mitglieder des Aufsichtsrates sowie weitere GEMA-Mitglieder waren hier persönlich stark engagiert. Hilfreich war dabei das Ergebnis einer Online-Studie, wonach 81 % der EU-Bürger an Politiker appellieren: Rettet die europäische Kultur, stärkt Urheberrechte und sichert eine faire Vergütung. Nach Auffassung des Aufsichtsrats stellt der nun verabschiedete Text eine gute Grundlage für die bereits angelaufenen Verhandlungen zwischen EU-Parlament, Rat und Kommission, dem so genannten „Trilog“, dar. Inwiefern der Prozess vor den Europawahlen im Mai 2019 zu Ende gebracht werden kann, lässt sich derzeit nicht sagen. Auf jeden Fall gilt es weiter zu verdeutlichen, wie dringend die Urheber diese Richtlinie benötigen.
Auf dieser rechtlichen Grundlage wären dann auch Lizenzzahlungen beispielsweise von YouTube rechtlich gesichert, nachdem beim Abschluss des letzten Vertrages mit der GEMA noch unterschiedliche Rechtspositionen festgehalten werden mussten. Nach dem Beschluss der diesjährigen Mitgliederversammlung über die Verteilung der von YouTube erhaltenen Einnahmen für die Vergangenheit (April 2009 bis Oktober 2016) werden diese Gelder nun zum 1. Dezember 2018 verteilt. Für die Zeit ab November 2016 hatte die Mitgliederversammlung die Bildung der neuen Sparten GOP und GOP VR für Nutzungen auf gemischten Online-Plattformen, zu denen YouTube gehört, beschlossen. Für diese Sparten hat der Aufsichtsrat jetzt die Ausschüttungstermine in den Jahren 2019 und 2020 festgelegt (jeweils 1. April und 1. Oktober für die Verteilung nach Nutzungsmeldungen sowie 1. Dezember für die Zuschlagsverteilung). Über die Quote, nach der im dualen Verteilungsmodell die Nutzungen von YouTube von November 2016 bis einschließlich Geschäftsjahr 2018 auf die Verteilung nach Nutzungsmeldungen einerseits und die Zuschlagsverteilung andererseits aufzuteilen sind, wird der Aufsichtsrat endgültig in seiner Dezember-Sitzung entscheiden. Bereits jetzt hat er bestätigt, dass für die Sparten GOP und GOP VR der auch sonst für die Online-Sparten geltende Kommissionssatz angewandt wird. Bisher beträgt dieser Kommissionssatz 15 %, ab dem Geschäftsjahr 2019, somit für alle Verteilungen ab dem 01.01.2020, wird er, so hat es der Aufsichtsrat beschlossen, für die Sparten des Nutzungsbereichs Online auf 10 % abgesenkt, nachdem sich der Online-Bereich längst fest etabliert hat. Zudem haben sich für die GEMA Kostensenkungen realisieren lassen, seitdem die Repertoires für den Online-Bereich auf pan-europäischer Ebene im Wesentlichen nicht mehr durch die GEMA selbst lizenziert werden, sondern über ICE, International Copyright Enterprise, das Gemeinschaftsunternehmen mit den englischen und schwedischen Schwestergesellschaften PRS und STIM.
ICE verhandelt derzeit unter anderem mit Spotify als einem der wichtigsten Musikstreaming-Dienste über einen neuen Lizenzvertrag. Darüber, wie auch sonst über den Stand der Lizenzierung von großen Digital Service Providern bzw. Services im Music-on-Demand-Bereich, lässt sich der Tarifausschuss des Aufsichtsrats laufend informieren. Generell berät dieser Ausschuss den Aufsichtsrat zu tariflichen Maßnahmen, so in der jetzigen Sitzung über eine Anpassung bei den Music-on-Demand Streaming Tarifen der GEMA und über mit der Bundesvereinigung der Musikveranstalter ausgehandelte Vergütungssätze.
In der Sitzung der Verteilungsplankommission – einem weiteren Gremium des Aufsichtsrats – im Vorfeld der Aufsichtsratssitzung wurden bereits erste Anträge auf Änderungen des Verteilungsplans besprochen, die Aufsichtsrat und Vorstand zur nächsten Mitgliederversammlung (23.-25. Mai 2019 in München) vorzulegen planen. Dazu gehört eine Neuregelung, mit der die verschiedenen Definitionen zur Regelmäßigkeit der Ausstrahlungen bei Sendereihen und Serien durch eine einheitliche, auf die Häufigkeit der Ausstrahlung abstellende Regelung ersetzt werden sollen. Der Aufsichtsrat greift damit, wie in der diesjährigen Mitgliederversammlung zugesagt, einen Antrag von Mitgliederseite wieder auf und wird die Antragsteller bezüglich der konkreten Ausgestaltung eines solchen Antrags für das nächste Jahr kontaktieren. Thema war weiter die Entwicklung der Verteilung im Rundfunkbereich (Hörfunk und Fernsehen) seit der grundlegenden Neugestaltung durch die Mitgliederversammlung 2014. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Verteilungssummen im Rundfunkbereich seit der Reform deutlich gestiegen sind, wobei die Anteile von Hörfunk und Fernsehen an der Gesamtverteilungssumme weitgehend konstant geblieben sind. Zu Einzelheiten werden Aufsichtsrat und Vorstand, wie es der Verteilungsplan vorsieht, den Mitgliedern in nächster Zeit auf der GEMA-Webseite Bericht erstatten. Dabei wird deutlich werden, dass der stete Wandel der Rundfunklandschaft immer wieder Anpassungen erforderlich macht, so in Bezug auf die zunehmende Digitalisierung des Hörfunks. Da das Inkasso, das die GEMA für die digitalen Hörfunkprogramme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erzielt, derzeit noch unterhalb des Inkassos für dessen sonstige Hörfunkprogramme liegt, werden die in digitalen Hörfunkprogrammen gesendeten Minuten bei der Verteilung nicht im selben Umfang berücksichtigt wie die übrigen Minuten, sondern unter Anwendung eines speziellen Faktors. Dieser Faktor wurde bei der Neugestaltung der Rundfunkverteilung zunächst einheitlich auf ein Zehntel festgesetzt. Aufgrund der gestiegenen wirtschaftlichen und strukturellen Bedeutung des digitalen Hörfunks innerhalb des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hat der Aufsichtsrat nunmehr beschlossen, dass der Faktor für digitale Hörfunkwellen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für die Verteilung ab Geschäftsjahr 2018 auf einheitlich 0,3 angehoben wird.
Neben den skizzierten Schwerpunktthemen, die der Aufsichtsrat in seiner zweitägigen Sitzung behandelte, lagen ihm wieder erfreulich viele Aufnahmeanträge vor: Mehr als 130 Komponisten, Textdichter und Musikverlage werden künftig neu als ordentliche Mitglieder geführt. Zudem hat der Aufsichtsrat über die weitere Förderung der Initiative Musik entschieden. Diese Fördereinrichtung des Bundes und der Privatwirtschaft für Rock-, Pop- und Jazzmusik in Deutschland, die in diesem Jahr ihr zehnjähriges Bestehen feiert, wird von der GEMA seit ihrer Gründung bei der Finanzierung ihrer laufenden Kosten maßgeblich unterstützt. In den letzten Jahren hat der Bund seine Förderung, vor allem aus Mitteln der Beauftragten für Kultur und Medien im Bundeskanzleramt, erheblich ausgeweitet. Der Aufsichtsrat hat daher einer moderaten Erhöhung der GEMA-Fördermittel für das kommende Jahr zugestimmt.
Außer mit aktuellen Themen befasst sich der Aufsichtsrat regelmäßig mit Fragen strategischer Art. So wurde Anfang Juli im Rahmen einer gesonderten Sitzung die Planung der GEMA in strategisch relevanten Handlungsfeldern für die Jahre 2018 bis 2021 diskutiert und verabschiedet. Doch nicht nur mittelfristig für diese Planungsperiode, auch in längerfristiger Perspektive sieht der Aufsichtsrat Bedarf, Weichen zu stellen. Handlungsbedarf ergibt sich unter anderem durch die sich verändernde Wettbewerbssituation im Bereich der Musikrechteverwertung sowie die rasanten Entwicklungen im Online-Bereich, die sich intern und extern für die GEMA auswirken, in allen Arbeitsbereichen und auf sämtliche Beziehungen, insbesondere gegenüber den eigenen Mitgliedern. Auch sind Entwicklungen wie ein verändertes Musik-Konsumverhalten mit zunehmend digitaler Musiknutzung, enorm wachsende Datenmengen mit Herausforderungen für Lizenzabrechnung und Verteilung oder die Internationalisierung mit Risiken für die Ertragssituation verbunden. Um angesichts dieser Herausforderungen die Position der GEMA für die Zukunft bestmöglich auszurichten, hat der Aufsichtsrat verschiedene Handlungsfelder identifiziert, in denen in nächster Zeit Initiativen eingeleitet werden sollen.
Abschließend soll erwähnt werden, dass am Rande der Aufsichtsratssitzung die Neuauflage des Handbuchs „Recht und Praxis der GEMA“ vorgestellt wurde. In diesem Werk sind die Grundlagen der Wahrnehmungstätigkeit der GEMA umfassend dargestellt, mit den GEMA-„Binnenregeln“ Satzung, Berechtigungsvertrag und Verteilungsplan als Schwerpunkt. Dieses Kompendium, das sich zu einem Standardwerk im Bereich des Urheberrechts entwickelt hat, liegt nunmehr in 3. Auflage vor, gegenüber der letzten Ausgabe von 2008 völlig neu bearbeitet auf Grundlage des Verwertungsgesellschaftengesetzes und mit Erläuterung des 2016 neu geordneten Verteilungsplans.