„Europa muss jetzt die Initiative ergreifen!“

Axel Voss Treppe

Das Europäische Parlament arbeitet aktuell an einem Bericht zu „Urheberrecht und generativer KI“. Im Interview mit der GEMA erläutert der für das Thema zuständige Europaabgeordnete Axel Voss (CDU), welche Chancen und Herausforderungen er sieht, welche Vorschläge er in seinem Berichtsentwurf macht und wie er die Klagen gegen KI-Anbieter bewertet. Die Fragen stellte Philipp Rosset.

Herr Voss, warum braucht es neue Regelungen im Urheberrecht im Zusammenhang mit generativer KI?

Die bestehende Urheberrechtsgesetze wurden nicht für die Nutzung geschützter Inhalte durch KI-Tools konzipiert. Diese Tools werden oft mit riesigen Mengen an Daten und Inhalten – darunter auch urheberrechtlich geschützte Werke – trainiert, ohne dass Urheberinnen und Urheber davon wissen oder eine Vergütung erhalten. Das schafft rechtliche Unsicherheit und wirtschaftliche Ungleichgewichte. Mein Ziel ist es, hier eine faire Balance zwischen technologischer Innovation und dem Schutz kreativer Leistungen zu schaffen.

Das Thema Urheberrecht und generative KI beschäftigt derzeit auch die Gerichte. Welche Rolle spielen diese Verfahren in der politischen Debatte?

Die Tatsache, dass Akteure wie die GEMA den Rechtsweg beschreiten müssen, ist ein Signal, dass unser aktueller Rechtsrahmen mit den Herausforderungen generativer KI nicht Schritt hält. Gleichzeitig bieten solche Verfahren für mich als Europaabgeordneter eine wertvolle Hilfestellung. Sie zeigen auf, wo bestehende Regelungen an ihre Grenzen stoßen und welche juristischen Konfliktlinien bestehen. Und sie geben wichtige Hinweise, worauf ein künftiger Rechtsrahmen achten muss. Dazu zählen Rechtssicherheit, Transparenz und vor allem die Frage, wie sich ein fairer Lizenzmarkt fördern lässt – ein Markt, der sowohl für Kreative als auch für KI-Anbieter funktioniert.

Was schlagen Sie in Ihrem Berichtsentwurf konkret vor?

In meinem Berichtsentwurf schlage ich eine Kombination mehrerer Maßnahmen vor. Dazu gehören Transparenzpflichten, einheitliche Standards für „Opt-Outs“ sowie Anreize zur Entwicklung eines funktionierenden Lizenzmarkts. Die Rahmenbedingungen müssen sowohl für Rechteinhaber als auch für Anbieter generativer KI einfach, fair und praktikabel ausgestaltet sein. Da die Umsetzung solcher Regelungen Zeit erfordern wird, sollte der europäische Gesetzgeber zunächst als Übergangslösung eine sofortige, pauschale Urheberrechtsvergütung dieser Nutzung von gegebenenfalls 5 bis 7 Prozent des weltweiten Umsatzes einführen, damit die Wertschöpfung, die die Unternehmen mit den Daten europäischer Kreativer erreichen, ausglichen wird und in Europa verbleibt. 

Was bedeuten Ihre Vorschläge für die europäische KI-Entwicklung?

Ich will die Entwicklung von generativer KI in Europa fördern, aber verantwortungsvoll. Denn nur wenn KI-Tools rechtskonform auf qualitativ hochwertige Daten und Inhalte zugreifen können, sichern sie ihre Glaubwürdigkeit und Wettbewerbsfähigkeit. Ein klarer rechtlicher Rahmen bietet nicht nur Schutz für Urheberinnen und Urheber, sondern auch Verlässlichkeit und Planungssicherheit für Unternehmen. Die erforderlichen Rechte sollen möglichst einfach und effizient geklärt werden können. So kann Innovation ermöglicht werden, ohne die Interessen europäischer Kreativer zu opfern.


Was passiert jetzt mit dem Bericht– und wie kann daraus ein Gesetz werden?

Der Bericht stellt zunächst eine politische Stellungnahme des Europäischen Parlaments dar. Er wird nun im zuständigen Rechtsausschuss beraten und anschließend im Plenum zur Abstimmung gestellt. Ich werde mich im weiteren Prozess dafür einsetzen, dass von dem Bericht das klare Signal an die EU-Kommission ausgeht: Europa muss jetzt die Initiative ergreifen! Ein weiteres Abwarten können wir uns nicht leisten. Die Kommission muss rasch gesetzgeberische Vorschläge vorlegen. Wir brauchen einen funktionierenden Markt für generative KI – einfach, transparent und fair für Kreative und Technologieunternehmen. Nur so schaffen wir die Basis für ein digitales Europa, das Innovation fördert und kulturelle Vielfalt schützt.