Magazin / 23. April 2024

Die Entwicklung des Urheberrechts

Urheberrecht und geistiges Eigentum sind die Grundlage dafür, dass sich kreative Arbeit lohnt. Wir werfen einen Blick auf die Ursprünge des Urheberrechts und die wichtigsten Meilensteine in seiner Geschichte.

Wer fremdes Eigentum nutzen möchte, benötigt dafür eine Einwilligung des Eigentümers. Wir zahlen beispielsweise Miete, um in einer Wohnung zu wohnen, die jemanden anderem gehört. Damit ich im Zug mitfahren darf, brauche ich ein Ticket. Doch wie verhält sich das bei nicht-materiellen „Produkten“ wie Musik? Brauche ich eine Erlaubnis, um fremde Melodien oder Songtexte zu nutzen?

Die Antwort lautet: ja. Das regelt das Urheberrecht. Doch das war nicht immer so. Konkrete Regelungen, um die Interessen von Urheberinnen und Urhebern zu schützen, gibt es in Europa erst seit der frühen Neuzeit. Im 18. Jahrhundert hat sich das Konzept des „geistigen Eigentums“ etabliert, das besagt: Auch immaterielle Güter wie etwa ein Kunstwerk oder ein Gedicht gehören einer Person. Wenn ich sie verwenden oder kopieren möchte, muss ich den Urheber oder die Urheberin um Erlaubnis fragen.

Erste Gesetze zum Schutz von Urheberinnen und Urhebern

Die ersten Gesetze zum Schutz der Urheberinnen und Urheber gab es in England (1709), den USA (1790) und Frankreich (1791-1793). In Deutschland entstanden in dieser Zeit verschiedene regionale Regelungen. 1871 trat schließlich das erste gesamtdeutsche Urheberrecht in Kraft. Im „Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste“ war allerdings zunächst keine Rede von Werken der Musik. Das änderte sich im Jahr 1901 mit dem „Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkunst“. Darin ist geregelt, dass Urheberinnen und Urheber an den Erträgen ihrer Werke beteiligt werden müssen. Da die Wahrnehmung dieser Rechte jedoch für Einzelpersonen kaum möglich war, gründeten sich in der Folge die ersten Verwertungsgesellschaften. Darunter auch 1903 die „Anstalt für musikalische Aufführungsrechte“ (AFMA) – die erste Vorläufer-Organisation der GEMA.

Neue Technologien fordern das Urheberrecht heraus

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts führten neue Technologien dazu, dass sich Musik schneller und leichter verbreiten ließ. Schallplatte und Tonband machten es erschwinglich, Musik aufzunehmen und diese Aufnahmen zu kopieren. Mit dem Radio und später dem Fernsehen entstanden die ersten Massenmedien, die Musik zu den Menschen brachten. Dadurch veränderten sich die Anforderungen an das Urheberrecht grundlegend. Im Jahr 1966 trat in der Bundesrepublik Deutschland das deutsche Urheberrechtsgesetz (UrhG) in Kraft. Darin finden sich Regelungen, die der technologischen Entwicklung Rechnung tragen.

Die technischen Möglichkeiten, Musik zu hören, zu speichern und zu verbreiten, nahmen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts weiter zu. Das Urheberrecht musste mit immer schnelleren Entwicklungen Schritt halten. Mit der CD entstand ein nie dagewesener Massenmarkt für Musik. Tauschbörsen im noch jungen Internet der 1990er-Jahre machten die Musikverbreitung in Echtzeit möglich. Social-Media-Plattformen und Streamingdienste sorgten schließlich in den 2000er-Jahren dafür, dass wir nahezu immer und überall Zugriff auf das musikalische Weltrepertoire haben. Dennoch gelten die Grundsätze des geistigen Eigentums: Musik entsteht nicht aus dem Nichts, sondern ist das Ergebnis eines künstlerischen Schaffensprozesses. Die Rechte an einem Song liegen weiterhin bei seiner Urheberin oder seinem Urheber.

EU-Urheberrecht im internationalen digitalen Musikmarkt

Damit das Urheberrecht den Herausforderungen der digitalen globalisierten Welt gewachsen ist, waren gesetzliche Anpassungen erforderlich. Mit der Richtlinie (2001/29/EG) "zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft" von 2001 stärkt die Europäische Union die Position der Rechteinhaberinnen und Rechteinhaber im digitalen Raum. Deutschland setzte die Richtlinie in den Jahren 2003 und 2007 im nationalen Urheberrecht um.

Die letzte große Veränderung des Urheberrechts war 2019 die EU-Richtlinie (2019/790) „über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt“. Die Richtlinie regelt unter anderem, dass die Plattform verantwortlich ist, wenn ein User dort urheberrechtlich geschütztes Material hochlädt. Das betrifft beispielsweise große Social-Media-Dienste wie Facebook oder YouTube. Diese kontrovers diskutierte Regelung ermöglicht es Urheberinnen und Urhebern, von den großen Plattformen eine Vergütung einzufordern, wenn ihre Werke dort zur Verfügung gestellt werden (siehe auch unsere Informationen zur Urheberrechtsreform). In Deutschland wurde das Urheberrechtsgesetz im Jahr 2021 gemäß der EU-Richtlinie angepasst. Gleichzeitig entstand das sogenannte „Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz“ (UrhDaG), das die Verantwortung großer Plattformen regelt, bei denen urheberrechtlich geschütztes Material hochgeladen wird.

Urheberrecht im KI-Zeitalter

Das Urheberrecht steht in einem ständigen Wettlauf mit neuen Technologien und veränderten Nutzungsgewohnheiten. Aktuell hält generative künstliche Intelligenz Einzug in unseren Alltag. Durch KI-Tools steht die Kreativbranche vor einem Wandel, wie eine Studie im Auftrag von GEMA und SACEM gezeigt hat. Künstlerische Schaffensprozesse werden sich grundlegend verändern. Gleichzeitig dienen große Mengen urheberrechtlich geschützter Werke als Grundlage für das Training von KI-Modellen. Die GEMA setzt sich für faire und transparente Regelungen ein, damit die Urheberinnen und Urheber vom Erfolg ihrer Werke profitieren. Der AI-Act auf EU-Ebene wird ein erster wichtiger Schritt sein, um die rechtlichen Rahmenbedingungen fit für das KI-Zeitalter zu machen.

 

Quelle: Valie Djordjevic & Robert Gehring, „Geschichte des Urheberrechts“, Bundeszentrale für politische Bildung, https://www.bpb.de/themen/digitalisierung/urheberrecht/169977/geschichte-des-urheberrechts/