Das Gesicht hinter dem Song: Klangpionier Gershon Kingsley und sein ikonischer Hit „Pop Corn“
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Nur wenige kennen den Titel, aber sobald die ersten Töne erklingen, können fast alle mitsummen: Der Song „Pop Corn“ – bzw. „Popcorn“, beide Schreibweisen sind in Gebrauch – hat zweifelsfrei Musikgeschichte geschrieben und zählt zu den beliebtesten Cover-Songs des Elektrogenres überhaupt.
Sein Komponist Gershon Kingsley ist zwar nur wenigen bekannt, aber dessen Schaffen überdauerte mehr als 70 Jahre. Grund genug also, ihn als „Gesicht hinter dem Song“ einmal vorzustellen.
Der Deutsch-Amerikaner Gershon Kingsley wird am 28. Oktober 1922 als Götz Gustav Ksinski in Bochum geboren. Seine Kindheit verbringt er in Berlin – und als Deutscher mit jüdischen Wurzeln ist er schon bald den Repressalien der Nazis ausgesetzt. Gerade noch rechtzeitig flieht er 1938 nach Palästina. Dort studiert er an der Musikhochschule in Jerusalem und zieht 1946 in die USA, wo er sein Studium fortsetzt. In der Folgezeit arbeitet er als Komponist und tritt in verschiedenen Formationen als Musiker auf. Nach seinem Erfolg mit Pop Corn kehrt er nach Deutschland zurück und arbeitet in München als Film- und Werbekomponist, bevor er sich Ende der 1990er Jahre endgültig in den USA niederlässt.
Pop Corn – kein One-Hit-Wonder
Den Song Pop Corn, der mit seinen elektronischen Stakkato-Klängen tatsächlich an das Aufploppen von Mais erinnert, schreibt Kingsley nach eigenen Angaben in nur 30 Sekunden. Erstmals veröffentlicht wird er auf dem Soloalbum „Music To Moog By“ im Jahr 1969. Nach der Veröffentlichung tourt Kingsley durch verschiedene Clubs und Universitäten, wo Pop Corn regelmäßig als Zugabe gespielt wird. Im Jahr 1972 ergänzt Kingsley den Titel mit einem B-Part. Im selben Jahr entsteht die wohl bekannteste Version von „Hot Butter“, welche auch bis heute als Grundlage vieler Cover-Songs gilt. Ein echter Evergreen, der unter anderem in Computerspielen wie „Pengo“, bei der Ziehung der Lottozahlen in den USA und als Titelmusik beim „Telekolleg“ eingesetzt wird. Apropos Titelmusik: Das Opening der legendären ZDF-Quizsendung „Die Pyramide“ mit Dieter Thomas Heck, die gerade auf SAT.1 unter der Moderation von Jörg Pilawa ein kleines Revival erlebt, stammt auch aus Kingsleys Feder.
Elektro-Pionier am Moog-Synthesizer
Gershon Kingsley war einer der ersten, der sich an einem damals völlig neuartigen Instrument versucht: dem Moog-Synthesizer. Als 1964 das erste Modell auf den Markt kommt, ruft es vor allem viele experimentelle Musiker auf den Plan, darunter eben auch Kingsley. Der Musiker versucht sich schon sehr früh an dem Apparat, der eher an einen Schrank mit Tastatur erinnert. Er setzt den Moog-Synthesizer bei zahlreichen Happenings ein, als erster Musiker überhaupt live vor Publikum mit seiner Band „First Moog Quartet“. Mit Pop Corn erschafft er am Moog- Synthesizer den ersten Elektro-Song, der ein Hit wird. Und sicherlich beeinflusst er mit dem Einsatz dieses außergewöhnlichen Instruments Bands wie Kraftwerk in ihrer Anfangszeit. Somit kann Kingsley durchaus als Mitbegründer der elektronischen Popmusik bezeichnet werden.
Als Kingsley am 10. Dezember 2019 mit 96 Jahren in New York verstirbt, hinterlässt er ein umfangreiches und vielseitiges Oeuvre, dessen zeitloser Einfluss bis heute in die Musikwelt wirkt.