Die Erstellung und Nutzung von Privatkopien erfreut sich ungebremster Beliebtheit. Die Deutschen vervielfältigen Musik, Filme, geschützte Bilder und sonstige Medieninhalte auf verschiedensten Wegen mehr als je zuvor. Das Konzept der Privatkopie – ursprünglich geschaffen, um Verbrauchern das legale Mitschneiden von Radio und Fernsehprogrammen gegen eine pauschale, über den Gerätehersteller abzuführende Vergütung zu ermöglichen und dann sukzessive auf digitale Vervielfältigungen ausgedehnt – beweist gerade in Zeiten von Diskussionen rund um Nutzungsfreiheit, Upload-Filter, Kopierschutzmaßnahmen und Datenschutz in sozialen Medien und Internetplattformen seine große Zukunftsfähigkeit. Die legale Möglichkeit, urheberrechtlich geschützte Inhalte privat zu vervielfältigen, über diverse Geräte zu nutzen und im privaten Raum zu teilen, so z.B. im Bereich der Cloud oder von Messengerdiensten, schafft für die Verbraucher einen persönlichen Freiheitsraum. Zugleich wird die Vergütung der Kreativen über eine von den Geräteherstellern abzuführende Pauschalabgabe sichergestellt.
Aktuelle Zahlen aus repräsentativen Studien des größten deutschen Marktforschungsinstituts GfK aus den Jahren 2019 und 2020 zeigen, dass tagtäglich hunderte Millionen von Privatkopien entstehen, dies allein durch Up- und Downloads in Clouds, die Synchronisation privater Inhalte über mehrere Geräte hinweg, den Austausch von Inhalten über Messengerdienste oder verschiedenste legale Möglichkeiten, wie über Streaming verbreitete Inhalte offline zu nutzen.
Nur politisch zu erklären ist vor diesen Hintergrund, dass der Digitalverband Bitkom – in dem die meisten zur Zahlung verpflichteten Gerätehersteller organisiert sind – der Privatkopie den Kampf anzusagen versucht. Zu der Auffassung, dass das Modell der Privatkopievergütung nicht zeitgemäß wäre, kommt der Verband aufgrund einer Studie des hauseigenen Foschungsinstituts Bitkom Research. Diese Studie bezieht sich bei genauerem Hinsehen lediglich auf analoge Mediennutzung, wie beispielsweise die Aufzeichnung von Radioinhalten. Dabei werden die vielen neuen digitalen Nutzungsformen der Privatkopie, die im analogen Zeitalter nicht einmal denkbar gewesen wären, außer Acht gelassen.
Digitalisierung der Mediennutzung
Audio- und Videoinhalte werden heutzutage überwiegend via Stream konsumiert, das ist keine Neuigkeit. Die Nutzung von Streamingdiensten schließt jedoch keinesfalls die Erstellung von Privatkopien aus. Es existieren vielfältige legale Möglichkeiten, Streaminginhalte lokal zu speichern, um diese auch offline nutzen zu können. 25 Prozent der deutschen Online-Nutzer machen von dieser Möglichkeit Gebrauch, Tendenz steigend. Allein durch diese Nutzungsformen entstehen im Audio- und Videobereich deutschlandweit täglich weit mehr als 10 Millionen Privatkopien.
Die Privatkopieschranke umfasst zudem nicht nur Audio- und Videoinhalte, sondern auch professionelle Bilder und Texte. Am Smartphone sind digitale Kopien wie beispielsweise Screenshots von Newsartikeln, Cartoons, Memes oder Grafiken schnell erzeugt. Auch die Nutzung der Smartphone-Kamera als Scanner, um zum Beispiel Zeitungsausschnitte schnell digital zu erfassen und weiterzuleiten, ist weit verbreitet.
Existiert eine solche digitale Kopie erst einmal, kann sie höchst flexibel vervielfältigt werden. Jede zehnte Nachricht, die via Messenger-Diensten verschickt wird besteht aus geschützten Audio-, Video-, Bild- oder Textinhalten. Allein über Messengerdienste entstehen so täglich über 40 Millionen Privatkopien in Deutschland.
Digitale Privatkopien werden zunehmend nicht mehr nur lokal auf einem oder zwei Geräten gespeichert, sondern auch in der privaten Cloud. Laut einer Studie der GfK aus dem Jahr 2019 speichern private Cloudnutzer, wie beispielsweise Nutzer von Angeboten bei GoogleDrive, Dropbox oder iCloud durchschnittlich 97 GB verschiedenster Inhalte in „ihrer“ Cloud. Mit 51 GB ist davon über die Hälfte des Speicherplatzes durch Privatkopien von Musik, Filmen, Serien, TV-Sendungen, professionellen Fotos, Grafiken oder Texten belegt.